Donnerstag, 27. August 2015

Pro Theatermodernisierung jetzt!


theatermodern.de


Pro Theatermodernisierung jetzt!
Theater Augsburg

Wir* nehmen den Offenen Brief zur Theatersanierung als Anlass zur Sorge, dass sich die Stadtregierung zu sehr von dessen Urhebern, die mitnichten ein Abbild der gesamten Augsburger Künstlerschaft darstellen, vereinnahmen lässt. Denn wir haben die große Befürchtung, dass ein möglicher Planungsstopp das Augsburger Theater um Jahre zurückwerfen würde. Er hätte die sofortige Schließung des Theaters durch die Behörden zur Folge und auch eventuell die Stornierung der staatliche Zusage der 107 Mio €. Obwohl sich die Stadtregierung jüngst für eine Weiterführung der Sanierungs- und Neubauplanung ausgesprochen hat und sich die Frage der Finanzierung durch die staatliche Finanzspritze in Wohlgefallen aufgelöst hat, möchten wir* einige Dinge klar stellen:

Ein traditionsreiches, zentral situiertes Mehrspartenhaus wie in Augsburg zu haben, ist Privileg und Glück zugleich. Das Theater ist immer lebendiger Spiegel einer Gesellschaft. Es setzt sich regelmäßig bewusst und Impulse gebend mit Tradition, Gegenwart und Zukunftsentwürfen auseinander und gilt als selbstbewusst-unökonomische Praxis täglicher, lebendiger, kultureller Infragestellung und Selbstverortung.

Zur Frage der Sinnhaftigkeit eines Diskurses mit Bürgerbeteiligung muss differenziert werden zwischen inhaltlicher Ausrichtung und soziokulturellen Tendenzen des Spielplans einerseits und andererseits der grundsätzlichen Funktion und Zusammensetzung eines Mehrspartentheaters. Es ist wenig zielführend, letztere per Bürgerdialog zu diskutieren, denn Kunst kann nie nach Mehrheiten „entschieden“ werden. Ein einseitiges Ergebnis, das etwa die Streichung von Sparten zur Folge hätte, ist nicht im Interesse der Bevölkerung, welche Anspruch auf den gesamten Kulturkanon hat.

Weder die Zukunft des Theaters noch das „Theater der Zukunft“ – ein Diskurs der von international renommierten Denkern, Theatermachern und Visionären zwar längst und stetig geführt wird – lässt sich auf lokaler Ebene erschöpfend und abschließend erörtern und dann gar im Kulturentwicklungsplan „festschreiben“. Dennoch soll und muss es immer einen Diskurs zwischen interessierten Bürgern, Kulturschaffenden aller Sparten und autorisierten Theater- und Zukunfts-Experten vor dem Hintergrund der Freiheit und Souveränität der Kunst geben. Abgesehen davon führt jede Intendanz intern und extern den Diskurs über gesellschaftspolitisch relevante Inhalte und künstlerische Ausrichtungen, um einen Spielplan zu gestalten, der den „Spagat“ versucht, individuelle Ansprüche, Mehrheitswünsche und zudem den kommunalen Bildungsauftrag in Balance zu bringen.

Über das, was die 50 Briefeschreiber veranlasst hat, das Theater als„Festung“ zu bezeichnen, kann nur gemutmaßt werden. Zu den zum Glück unveränderlichen Realitäten der Gesellschaft gehört jedenfalls der Denkmalschutz, der das Große Haus vor allzu kühnen Umbauexperimenten oder gar Abbruchgelüsten schützt. Sollte aber gemeint sein, dass es mehr Mitwirkungsangebote und mehr Austausch in die Bürgergesellschaft hinein geben soll, kann diesem Wunsch in Zukunft sicher mehr entsprochen werden. Das aber hat wiederum mit der architektonischen Planung nichts zu tun. Dass das Theater aber überdies noch als Fremdkörper empfunden wird, wird doch sogar sein Standort in Frage gestellt, weil die Planung angeblich keinerlei städtebauliche Qualitäten besitzt, muss dies nur noch befremden und bleibt deshalb als substanzleer befunden unkommentiert.

Wovon wir* schließlich dringend abraten, ist ein Diskurs mit Bürgerbeteiligung zum Theatersanierungskonzept, da der Planungsprozess für ein Mehrspartentheater derart komplex ist, dass Laien kaum Anregungen geben können, die nicht schon in unzähligen Entwürfen zwischen Intendanz, Architekt und Auftraggeber durchgekaut worden wären.

Jede intelligente Planung, die insbesondere die technischen Erfordernisse eines Theaterbetriebs berücksichtigt, wird, bei multifunktionaler Flexibilität der Architektur, einen bestimmten Zustand fixieren, der im besten Fall unterschiedlichsten Ansprüchen nachhaltig gerecht werden kann. Die Hypothese, dass irgendwelche zukünftigen Theaterideen auf Grund architektonischer Zwänge nicht realisierbar seien, ist mindestens unbegründet. Es gibt unzählige Beispiele dafür, dass auch in herkömmlichen Theaterräumen außergewöhnliche Raumkonstellationen und moderne, innovative Inszenierungen möglich sind.

Im breiten Konsens mit zahlreichen kulturell kompetenten, aktiven und begeisterten Bürgern fordern wir* in diesem Sinne die zügige Umsetzung der aktuellen Planung.

Christian Z. Müller


* Wir = eine sich derzeit formierende, stetig wachsende Gruppe kulturaffiner, kunstschaffender und konstruktiv denkender Menschen in und um Augsburg, die sich vehement gegen ein Moratorium zur Theatersanierung bzw. zum Neubau aussprechen.

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